Familiensache-Zivilsache-Haftung
Kommt es nach Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid zur Hauptverhandlung, ist der Betroffene zum Erscheinen verpflichtet, § 73 Abs.1 OWiG.
Muss ein Geschäftsführer seine Kündigung vor dem Arbeitsgericht oder dem Zivilgericht angreifen?
Ist bei einer Räumungsklage über Wohnraum mit einem Wert von beispielsweise 12.000 € das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig?
Kann ein Rechtsanwalt seine Gebührenansprüche gegen den in einer anderen Stadt wohnenden Mandanten vor seinem Heimatgericht geltend machen oder muss er sich an das Gericht wenden, an dessen Sitz sein Auftraggeber wohnt?
Darf man Unterlassungsansprüche wegen ehrverletzender Behauptungen immer bei dem Gericht anhängig machen, in dessen Bezirk der Verletzte wohnt?
Diese und ähnliche Fragen sind selbst von Volljuristen manchmal nicht leicht zu beantworten.
Am 21.Februar 2024 musste der Bundesgerichtshof über eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Oldenburg befinden, das sich mit der Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf einer Immobilie unter geschiedenen Eheleuten befasst hatte.
Der BGH kam zum Ergebnis, dass schon das Landgericht als erste Instanz nicht zuständig gewesen sei, weil es sich um eine sogenannte sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs.1 Nr. 3 FamFG gehandelt habe. Denn bestimmte Zivilsachen, die eine Beziehung zu familienrechtlichen Rechtsverhältnissen haben, unterfallen der Zuständigkeit des Familiengerichts.
Bei Familiensachen ist erstinstanzlich unabhängig vom Gegenstandswert immer das Amtsgericht und zweitinstanzlich das Oberlandesgericht zuständig, während für „normale“ Zivilsachen bei Gegenstandswerten über 5000 € das Landgericht angerufen werden muss.
Während in Zivilsachen eine Nichtzulassungsbeschwerde bei Werten über 20.000 € eingereicht werden kann, ist dieses Rechtsmittel gegen Entscheidungen eines Oberlandesgerichts in Familiensachen aber nur dann möglich, wenn es ausdrücklich zugelassen wurde.
Deshalb hat der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen – 21.2.2024 – XII 41/22.
Damit bescheinigt der Bundesgerichtshof seinen Kolleginnen und Kollegen vom Landgericht und Oberlandesgericht zwar einen schweren Fehler, für den Anwalt, der den Antragsteller vertreten hat, kann dies gleichwohl zur Haftung führen, denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben Anwälte sogar die Pflicht, Fehler des Gerichts zu verhindern.